Kunst- und Wunderkammern
In der Renaissance und im Barock richteten sich Herrscher, Fürsten und Gelehrte Kunst- und Wunderkammern ein: Sammlungsräume, in denen kostbare Kunstwerke (Artificialia), seltene Naturalien (Naturalia), wissenschaftliche Instrumente (Scientifica), Objekte aus fremden Welten (Exotica) und wundersame Dinge (Mirabilia) aufbewahrt wurden. Sie demonstrierten Macht und Reichtum des Besitzers und spiegelten die damalige Weltanschauung und den Wissensstand wider. Waren sie anfänglich nur einem erlesenen Kreis zugänglich, wurden sie im Laufe der Zeit für ein immer breiteres Publikum geöffnet. So ist von der Kunstkammer in Dresden bekannt, daß sie im Jahr 1648 fast 800 Besucher zählte – für die damalige Zeit eine beachtliche Menge. Nicht nur Adlige und Diplomaten kamen von nah und fern, um die Sammlung des sächsischen Kurfürsten zu sehen, sondern auch Künstler, Handelsleute, Studenten, Gelehrte, Handwerker und sogar Hochzeitsgesellschaften. Eine der bedeutendsten Kunstkammern hat sich bis heute in Österreich erhalten: Erzherzog Ferdinand II. von Tirol erweiterte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Schloss Ambras oberhalb von Innsbruck um einen eigenen Gebäudekomplex für seine Sammlungen. In der Mitte der Kunstkammer zeigten große Schaukästen wertvolle Ausstellungsstücke nach Gattungen sortiert. Wände und Decken waren ebenfalls reich mit Objekten ausgestattet.
Im 18. Jahrhundert entschied man sich für ein neues Sammlungskonzept und reagierte damit auf die gesellschaftlichen Veränderungen: Nicht nur die Bevölkerungszahl und der Bildungsstand wuchsen rasant, sondern auch das Wissen um die Welt. Die Kunstkammern wurden größtenteils aufgelöst und die Objekte auf spezialisierte Museen verteilt wie z.B. die Museen für Völkerkunde, Naturkunde, Nationalmuseen oder Schatzkammern.
Kunst- und Wunderkammern haben bis heute nichts von ihrem Reiz verloren. Und so wundert es nicht, dass neben den erhalten gebliebenen Kunstkammern immer neue Sammlungen im Geist der Kunst- und Wunderkammern entstehen und sich auch moderne Künstler dem Thema widmen.