Birnenpokal
Oswald Haußner (Meister 1637-1671)
Nürnberg, 1650-1657
Silber, getrieben, gegossen, graviert, geschnitten, teilweise feuervergoldet
Nürnberger Stadtmarke, Tremoulierstich und Meistermarke OH auf dem Lippenrand und auf dem Deckel
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Durch seine naturalistische Formgebung zeichnet sich der vorliegende Birnenpokal als hochwertige Arbeit süddeutscher Goldschmiedekunst aus: Der Pokal ruht auf drei Blättern, über denen sich ein dünner Stiel mit spiralförmiger Einfassung erhebt. Aus dem Stiel erwächst die birnenförmige Kuppa, die von drei kleineren Birnen eingerahmt ist. Die Stadt- und Meistermarken am Lippenrand und auf dem Deckel belegen, daß es sich hierbei um ein Werk des Nürnberger Goldschmiedes Oswald Haußner (Meister 1637-1671) aus der Zeit um 1650-1657 handelt. Haußner war auf prunkvolle Trinkgefäße, von denen sich verschiedene in der Staatlichen Eremitage in St. Petersburg, im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg und im Museum angewandte Kunst in Wien erhalten haben. Die prunkvollen Apfel- und Birnenpokale wurden vorrangig in den zwei Zentren der süddeutschen Goldschmiedekunst angefertigt: in Nürnberg und in Augsburg. Dabei konnten die Goldschmiedemeister auf fantasievolle Gefäßentwürfe von Nürnberger Graphikern wie Virgil Solis zurückgreifen, die das spätgotische Formenrepertoire der Goldschmiede entscheidend erweiterten. Den Höhepunkt ihrer Beliebtheit erreichten die obstförmigen Deckelpokale Nürnberger und Augsburger Goldschmiede in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts: Insbesondere Ananas- und Birnenpokale zählten zu den unverzichtbaren Tafelrequisiten höfischer Prägung. Seit dem 16. Jahrhundert waren an deutschen Höfen prunkvolle Trinkgefäße aus feuervergoldetem Silber besonders beliebt, deren Kuppa als Apfel oder Birne mit einem Schaft in Form eines Baumstamms oder Astes gestaltet waren. Diese aufwendigen Goldschmiedearbeiten galten meistens als kostbare Objekte fürstlicher Repräsentation und Wertanlage zugleich, die in Notzeiten wieder eingeschmolzen und wortwörtlich „vermünzt“ werden konnten. Aufgrund ihres hohen künstlerischen und materiellen Wertes wurden sie meistens in den gesicherten Räumen der Schatzkammer aufbewahrt, zu denen lediglich der Fürst und sein Kämmerer Zugang hatten. Anläßlich höfischer Festlichkeiten, etwa bei Geburten, Hochzeiten, diplomatischen Empfängen o.ä., wurden die kostbaren Deckelpokale aus der Schatzkammer geholt und auf der fürstlichen Tafel bzw. auf einer drei- oder fünfstufigen Kredenz hinter der Tafel als Zeichen von Macht und Wohlstand aufgestellt.
