Renaissance-Pomander
Deutsch, um 1620
Silber gegossen, ziseliert, graviert, teilweise durchbrochen und feuervergoldet, Niello
Höhe 7 cm
Publiziert in: Laue, G.: Tresor. Schatzkunst für die Kunstkammern Europas, München 2017, S. 132-133, S. 220-221, Kat. Nr. 30; Laue, G.: Die Kunstkammer. Wunder kann man sammeln. Kunstkammer Edition, Bd. 1, München 2016, S. 142
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Was wie ein runder Silberanhänger mit Gravuren und Niello aussieht, ist in Wirklichkeit ein besonders seltenes Gefäß für verschiedene Düfte und medizinische Substanzen, ein sogenannter Pomander. Der Name „Pomander“ leitet sich vom französischen „pomme d'ambre“ ab: ein apfelförmiges Gefäß für Moschus, Parfüm, Gewürze und Salben. Gewürze und Düfte galten in der Renaissance als wertvolle und seltene Substanzen, die aus fremden Ländern stammten und mit Gold aufgewogen wurden. Daher waren die Pomander, die zur Aufbewahrung dieser teuren Substanzen hergestellt wurden, auch selbst besonders kostbare und raffinierte Werke. Sie wurden als Schmuck getragen und hingen meist an der Taille oder wurden um den Hals getragen. Solche Gegenstände betonten den Reichtum und das hohe gesellschaftliche Ansehen des Besitzers. Dies erklärt, warum der vorliegende Pomander innen sowohl als auch außen reich verziert ist. Auf der Wandung des Pomanders sind Vögel in Blumen- und Pflanzenranken graviert, die sich von dem dunklen Niello-Hintergrund abheben. Er besteht aus sechs aufklappbaren Fächern, die sich wie Segmente einer Orange öffnen, wenn man den oberen Ring abschraubt. Jedes Segment ist reich mit Blumen graviert und mit einem schmalen Deckel versehen, auf dem der Name der darin aufbewahrten Substanz eingraviert ist: „canel“ (Zimt), „muscat“ (Muskatnuss), „rosmarin“ (Rosmarin), „schlag“ (Schlagbalsam), „negelken“ (Nelken) und „rosen“ (Rose). Diese Segmente schließen sich um einen sechseckigen Kern mit kleinen Löchern an der Spitze. Dieser hohle Kern wurde auch zur Aufbewahrung von Duftstoffen verwendet. Der Sockel des Pomanders ist eine durchbrochene Kapsel, in der sich früher ein kleiner Schwamm befand, um Düfte aufzunehmen. Außerdem können alle Fächer im Inneren des Pomanders geöffnet werden, um die Düfte regelmäßig nachzufüllen. In einer Zeit, in der Düften eine heilende Wirkung nachgesagt wurde, wurden Pomander zu Luxusartikeln, die für die Erhaltung der Gesundheit unerlässlich waren. Daher konnten sich nur wenige diese kostbaren Gegenstände sowie die darin enthaltenen Gewürze und Düfte leisten. So findet man Pomander häufig auf Porträts, getragen von Fürsten und Adeligen, wohlhabenden Kaufleuten und einflussreichen Bürgern. Während solche Objekte aus dem späten 17. Jahrhundert in mehreren öffentlichen und privaten Sammlungen zu finden sind, sind frühe Pomander aus der Zeit um 1620 recht selten. Zwei fast identische Pomander mit Blumengravuren und Niello sind im Victoria and Albert Museum in London und im Ashmolean Museum in Oxford zu sehen.
