Höfische Schmuckkassette mit Perlmuttgravuren
Augsburg, um 1620
Furnier: Ebenholz, zum Teil graviert und mit Goldbemalung, Perlmutt, teilweise graviert und mit Goldmalerei; Silberplaketten; Konstruktionsholz: Fichte; innen mit blauer Seide bezogen
Höhe ca. 17 cm, Breite ca. 28 cm, Tiefe ca. 17 cm
Provenienz: Dänemark, Privatsammlung
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Über einer niedrigen, leicht verkröpften Basis erhebt sich der Korpus der Schatulle, der durch Halbsäulen gegliedert und eingerahmt wird und mit einem Kassettendeckel bekrönt ist. Die schlichte Formgebung der Ebenholz-Kassette wird nicht nur durch durchbrochene Silberbeschläge bereichert, sondern auch durch gravierte und goldgemalte Ornamente, kleine, runde Perlmuttcabochons und gravierte Perlmutteinlagen, die rund um zu figürlichen Szenen in sechs quadratischen Feldern gruppiert sind. Dargestellt sind Episoden aus dem alten und neuen Testament. Angefangen mit der Erschaffung Adams und Eva und der Sündenfall auf dem Deckel wird dem Betrachter die Passion Christi vorgeführt: Auf der Vorderseite ist die Ankündigung und die Anbetung der Hirten zu sehen, auf der linken Schmalseite die Kreuzigung Christi, auf der Rückseite die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi und auf der rechten Schmalseite die Ausgießung des Heiligen Geistes. Daß es sich bei dieser kostbaren Kassette um eine Schmuckschatulle handelt zeigt die Gestaltung des Inneren: Öffnet man den Deckel zeigt sich auf der rechten Seite des Kasten einen Ringeinsatz und zwei kleine Schubladen für weitere Juwelen. Bei der prächtigen Schmuckkassette handelt es sich um ein Erzeugnis Augsburger Kistlerkunst. Dafür sprechen u.a. die eleganten Silberbeschläge, die sich auf einer ganzen Reihe Augsburger Ebenholzkabinette aus dem frühen 17. Jahrhundert in ähnlicher Formgebung wiederfinden und etwa aus der Werkstatt des Augsburger Goldschmiedes Matthias Wallbaum stammen könnten, bei dem sich viele Kistler Silberplaketten für ihre Prunkmöbel erwarben. Auch die Form der Schatulle mit ihren gliedernden Halbsäulen ist für Augsburger Möbel aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts charakteristisch. Gravierte Perlmutteinlagen gehören wiederum zum Repertoire süddeutscher Büchsenschäfter seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. In Nürnberg und in Augsburg integrierten Kistler das kostspielige Material in ihre hochwertigsten Erzeugnisse. Davon zeugt etwa eine Spielkassette im Hessischen Landesmuseum in Kassel, dessen Ebenholzfurnier ebenfalls mit gravierten und goldbemalten Ornamenten und mit Einlagen aus graviertem Perlmutt verziert ist. Auf die Augsburger Herkunft dieses Spielbrettes weisen auch die gravierten und teilweise feuervergoldeten Silberplaketten und -einlagen, die sich in nahezu identischer Ausführung beim Spielbrett im Pommerschen Kunstschrank wiederfinden. Letzteren hatte Hainhofer zwischen 1612 und 1615 in Augsburg für Philipp II. von Pommern anfertigen lassen. Demzufolge handelt es sich bei der Kasseler Spielkassette und auch bei der vorliegenden Schmuckschatulle um Augsburger Spitzenerzeugnisse, die im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts entstanden sind.