Ringsteinkabinett
Sächsischer Steinschneider Heinrich Gottlob Lang (1739-1809)
Augsburg, ca. 1770
Zwei feuervergoldete Ringe, 50 geschnittene und geschliffene Steincabochons, Lederetui handgeschriebenes Büchlein
Höhe 8 cm, Breite 13 cm, Tiefe 7 cm
Provenienz: seit ca. 1880 bis 2021 in der Sammlung der Familie Charles Georgi, Frankreich
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Mit seiner kleinen Lederschatulle aus rotem, goldgeprägtem Maroquin zeichnet sich das Ringstein-Kabinett als kostbare Lithothek intimen Formats aus, deren hybrider Charakter als wissenschaftliche Sammlung einerseits und als galante Pretiose andererseits durch den beiliegenden Begleitkatalog und durch die feuervergoldeten Silberringe geprägt wird, mit denen die insgesamt 50 geschliffenen Steincabochons am Finger anprobiert werden können. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß sich das Futteral zusammen mit dem kompletten Satz von Steincabochons, seinen zwei Ringen, dem originalen Griff aus Bein und dem dazugehörigen Katalog erhalten hat. Letzterer wurde eigenhändig von dem Steinschneider verfaßt, der für dieses Kunstwerk verantwortlich zeichnet: der aus Dresden gebürtige Heinrich Gottlob Lang (1739-1809), der im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts in Augsburg wirkte und von dem sich in öffentlichem und privatem Besitz nur wenige Ringstein-Kabinette erhalten haben. Der handschriftliche „Catallogus“ erhebt das Ringstein-Kabinett zum Rang eines wissenschaftlichen Studienobjektes, das sich damit als mineralogische Sammlung präsentiert. Nicht zufällig fällt die Erfindung des Ringstein-Kabinetts in die Zeit der Aufklärung, als sich die Mineralogie als wissenschaftliche Teildisziplin der Geologie etablierte. Gerade in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfreuten sich mineralogische Sammlungen großer Beliebtheit und erlebten an Höfen wie im Bürgertum einen regelrechten Aufschwung, galten sie doch als Statussymbole und als Zeugnis der eigenen Bildung. Ringstein-Kabinette wie das vorliegende dürfen jedoch nicht als reine Wissenschaftsobjekte gedeutet werden. Vielmehr handelt es sich um kostbare und kostspielige Luxusgegenstände, die sich nicht unbedingt an Gelehrte richteten, sondern vor allem auf vermögende Sammler abzielten. Aus Dresden gebürtig war Heinrich Gottlob Lang (1739-1809) seit 1764 in Augsburg tätig und fertigte nachweislich Ringstein-Kabinette an, bei denen einzelne Cabochons mit nahezu identischen Insektendarstellungen in Steinrelief verziert sind. Ein signiertes Exemplar befindet sich im Maximilianmuseum in Augsburg. Erwähnenswert ist zudem eine 1770 entstandene Tabatiere des Künstlers im Naturhistorischen Museum in Wien. Bei dieser äußerst elaborierten und feinen Steinschnittarbeit gestaltete Lang winzige Steinelemente in Form von Insekten, Blumen, Bändern und einem Putto, die er auf den Korpus der Steindose auflegte. Welche Steine er dabei verarbeitete, hielt er in einem ausführlichen, illustrierten Verzeichnis fest, das er mit „Heinrich Gottlob Lang Edelstein und Wappenschneider“ signierte und „Augsburg, Ao 1770“ datierte. Die Kostbarkeit und der mineralogische Seltenheitswert dieser raffinierten Tabatiere bedingte zweifelsohne ihre Aufnahme in die kaiserlichen Sammlungen: 1778 übergab sie Kaiserin Maria Theresia an die Mineraliensammlung, in die sie bereits vorher mehrere Hauptwerke der Steinschnittkunst aus kaiserlichem Besitz hatte überweisen lassen.
