Anatomisches Modell eines Schädels mit beweglichem Kiefer
Deutsch, 18. Jahrhundert
Elfenbein, hohl gearbeitet
Höhe 4 cm
Die kleinformatige Elfenbeinplastik stellt einen Schädel mit beweglichem Schädel dar, deren anatomische Besonderheiten bis ins kleinste Detail herausgearbeitet sind. Diese außergewöhnliche Skulptur überzeugt durch ihre hohe Qualität und ihre naturalistische Darstellungsweise. Der Fokus auf eine detailgetreue Wiedergabe der Anatomie zeugt davon, dass es sich hierbei um ein Sammlungsobjekt handelt, das von vornherein zur Ausstellung in einer Kunst- und Wunderkammer konzipiert wurde. Zugleich mahnt die kostbare Elfenbeinskulptur an der unvermeidlichen Sterblichkeit eines jeden.
Als Memento Mori („Gedenke des Sterbens“) führt der Elfenbeinschädel dem modernen Betrachter vor, wie tief die Beschäftigung mit dem Tod und dem Gedanken der Vanitas in der Kultur der Frühen Neuzeit wurzelt. Ars Moriendi nannte man die intensive Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit, die zu einem gottesfürchtigen Leben animieren sollte. So „übte“ der Christ täglich die „Kunst des Sterbens“ beim Lesen von Erbauungsschriften und auch beim Betrachten von graphischen und plastischen Darstellungen des Todes. Seit dem 16. Jahrhundert galten nämlich Totentänze, Tödlein, Wendeköpfe und auch Schädel als adäquate Objekte der Meditation über Leben und Tod. Dementsprechend fanden sie als kunstreiche Kleinplastiken Eingang in Gelehrtenstuben und in fürstliche Kunst- und Wunderkammern. So lassen sich gegen Ende des 18. Jahrhundert vergleichbare anatomische Schädel aus Elfenbein im Naturalien-Kabinett Herzogs Carl I. von Braunschweig nachweisen.